Startseite
  • Ihre letzten Suchanfragen
3.2

Siedlung, Landschaft und Umwelt

1
1

Die Bauleitpläne sollen u. a. nach § 1 Abs. 5 BauGB dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, zu entwickeln und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und auszubauen sowie den Klimaschutz (vgl. auch LEP 1.3.1) und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung zu fördern (vgl. auch LEP 1.3.2) und die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und weiterzuentwickeln (vgl. auch LEP 8.4.1). Hierzu sollen die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen (§ 1 Abs. 5 S. 3 sowie § 1a Abs. 2 BauGB, vgl. auch LEP 3.2) und klimarelevante Freiflächen von Versiegelung freigehalten werden (vgl. LEP 1.3.2). Weitere umweltschützende Belange werden in § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a BauGB genannt. Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege ergeben sich aus § 1 BNatSchG und Art. 1 ff. BayNatSchG. Durch die Regionalplanung können überdies Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Klimaschutz (LEP 1.3.1) sowie für die Anpassung an den Klimawandel (LEP 1.3.2) festgelegt werden.

2

2Umweltprüfung

2

Um die sachgerechte Behandlung der Umweltbelange zu erleichtern, wird grundsätzlich für alle Bauleitplanverfahren eine Umweltprüfung durchgeführt (§ 2 Abs. 4 BauGB). Lediglich für Bauleitpläne, die im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB aufgestellt werden und für Bebauungspläne der Innenentwicklung, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt werden, ist keine Umweltprüfung erforderlich (in Fällen des § 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist allerdings eine Vorprüfung durchzuführen, siehe Kapitel 5 Planungsschritte und Aufstellungsverfahren). Befristet bis Ende 2022 war das beschleunigte Verfahren gemäß §13b BauGB entsprechend anwendbar auf Bebauungspläne mit einer Grundfläche von weniger als 1 ha, durch welche die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Nach Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts kann § 13b BauGB aufgrund der Unvereinbarkeit mit Unionsrecht nicht mehr angewendet werden. Der Gesetzgeber hat daher die Bestimmung dementsprechend zum 1. Januar 2024 aufgehoben. Die Reparaturvorschrift § 215a BauGB regelte bis 31.12.2024, dass die Gemeinden eine sog. umweltrechtliche Vorprüfung durchführen müssen, um Pläne nach § 13b BauGB alter Fassung zu heilen. Sofern diese Vorprüfung Anhaltspunkte für erhebliche Umweltauswirkungen ergab, musste eine vollständige Umweltprüfung durchgeführt werden.

In der Umweltprüfung werden die voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet. Inhalt der Prüfung sind dabei die in § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a BauGB aufgelisteten Belange des Umweltschutzes, soweit sie vorhersehbar und erheblich sind. Hierunter fallen auch der Vogelschlag an Glas sowie der Vogelschlag durch Lichtverschmutzung. Neben den Aspekten des Naturschutzes werden auch weitere umweltbedingte Auswirkungen, beispielsweise auf den Menschen und seine Gesundheit, die Bevölkerung insgesamt oder auf Kultur- und Sachgüter untersucht und bewertet. Ausführliche Hinweise zur Erstellung des Umweltberichts sind der Broschüre „Der Umweltbericht in der Praxis – Leitfaden zur Umweltprüfung in der Bauleitplanung“ zu entnehmen. Auch nach der Änderung des BauGB durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014 / 52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt kann diese weiterhin als Arbeitshilfe genutzt werden, maßgebend sind jedoch die in Anlage 1 zum BauGB genannten Kriterien für die Umweltprüfung (vgl. § 2a S. 2 Nr. 2 BauGB). Eine Vereinfachung des Verfahrens ist bei Vorliegen eines Landschaftsplanes regelmäßig zu erwarten.

3

3Abwägung umweltbezogener Fachplanungen

3

Nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. g BauGB sind die Darstellungen von umweltschützenden Fachplänen in der Abwägung zu berücksichtigen. Ausdrücklich genannt sind die Landschaftspläne und Pläne des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, sowie die Wärmepläne und Ausweisungen als Gebiet zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet nach dem Wärmeplanungsgesetz. Die in Nr. 7 Buchst. g genannten Pläne sind eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung der für die Abwägung maßgeblichen umweltschützenden Fachpläne. Liegen umweltschützende Fachpläne vor, so sind sie, sofern bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, nicht bindende Vorgaben der Bauleitplanung. Liegt eine ordnungsgemäße Fachplanung vor, kann allerdings davon ausgegangen werden, dass die Umweltbelange, die diese zum Gegenstand hat, fachgerecht ermittelt und bewertet worden sind.

Die im Landschaftsplan konkretisierten Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. Sie können als Darstellungen oder Festsetzungen in die Bauleitpläne aufgenommen werden (§ 11 Abs. 3 BNatSchG). Nicht der bauleitplanerischen Abwägung unterliegen dagegen durch Rechtsverordnung für verbindlich erklärte Fachpläne, die Bestimmungen zum Schutz des Netzes Natura 2000 (§ 1a Abs. 4 BauGB, § 36 S. 1 Nr. 2, S. 2 BNatSchG) sowie des besonderen Artenschutzes. Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen zu erwarten, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung von gesetzlich geschützten Biotopen nach § 30 Abs. 2 BNatSchG bzw. Art. 23 Abs. 1 BayNatSchG führen können, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung vor Aufstellung entschieden werden. Wird eine entsprechende Ausnahme oder Befreiung gewährt, bedarf es unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 BNatSchG keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes mit der Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens begonnen wird.

4

4Landschaft und Landschaftsplanung

4

Zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes stehen den Gemeinden mit der Bauleitplanung, der Landschaftsplanung und den örtlichen Vorschriften nach den Naturschutzgesetzen und der Bayerischen Bauordnung wirksame Instrumente zur Verfügung. Die Landschaftsplanung übernimmt damit die zentrale Rolle zur Sicherung und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen für den Menschen, Tiere und Pflanzen und bringt diese in die Flächennutzungsplanung ein. Die Landschaftsplanung zeigt die Ökosystemdienstleistungen aller relevanten Umweltmedien im jeweiligen Planungsraum auf, bewertet diese nach Funktionsfähigkeit, Sicherungs- und Wiederherstellungsbedürfnissen und überführt diese unter möglichst großer Nutzung von Synergieeffekten in ein räumlich-funktionales Konzept aus Zielen und Maßnahmen. Sie schafft damit auch eine Verständigungsgrundlage für Partizipations- und Aushandlungsprozesse zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen, Verwaltung und Staat. Auf andere Fachplanungen sowie Schutzverordnungen aus dem Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege wird in Kapitel 2.3 Abstimmung mit anderen Fachplanungen hingewiesen.

5

5Erhalt und Entwicklung der Landschaft

5

Die Landschaften Bayerns sind in ihrer natur- und kulturräumlichen Vielfalt, Eigenart und Schönheit zu erhalten, zu pflegen und schonend weiterzuentwickeln. Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sowie Flächen mit besonderen Regulations- und Standorteigenschaften im Naturhaushalt sowie für das Landschaftsbild sollen nur im unbedingt notwendigen und gut begründeten Umfang für andere Nutzungsarten vorgesehen werden (§ 1a Abs. 2 BauGB). Bei der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen soll nach § 1a Abs. 2 S. 4 BauGB die Notwendigkeit der Umwandlung begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Innenentwicklungspotenzialen, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können, zugrunde gelegt werden (s. a. Kapitel 4.3.19 Flächenmanagement, Ermittlung der Flächenpotenziale). Die Inanspruchnahme der Landschaft soll insbesondere wegen der Anforderungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege so gering wie möglich gehalten werden (s. a. Kapitel 3.2.15 Eingriffe in Natur und Landschaft).

Zudem sind die Erfordernisse von Freizeit und Erholung und des Fremdenverkehrs zu berücksichtigen. Das gilt vor allem für die der Erholung dienenden oder landschaftlich schützenswerten Gebiete und im besonderen Maße für das Alpengebiet. Den Erfordernissen des Klimaschutzes sowie der Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist durch entsprechende Maßnahmen Rechnung zu tragen. Ebenso sind Maßnahmen zur Bewältigung der Biodiversitätskrise von besonderer Bedeutung. Diese Belange sind im Rahmen der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen (§ 1a Abs. 5 BauGB und vgl. LEP 1.3.2). Das Landesamt für Umwelt (LfU) hat beispielhaft 112 bedeutsame Kulturlandschaften und besonders schützenswerte Landschaftsteile in Bayern erfasst und mit Kurzbeschreibungen im Internet zur Verfügung gestellt (www.lfu.bayern.de/natur/kulturlandschaft/). Weitere kulturlandschaftlich bedeutsame Landschafts-ausschnitte, Ensembles und relevante Landschaftsbestandteile sind in allen Teilen Bayerns vorhanden und sollten in den kommunalen Landschaftsplänen dargestellt werden.

In ihrer natürlichen Funktion beeinträchtigte oder gestörte Landschaftsteile, Gebirgs-, Land- und Süßwasserökosysteme sollen wiederhergestellt werden. Auf den Erhalt und die Verbesserung der organischen Kohlenstoffvorräte im Boden und einer Ausstattung mit vielfältigen Landschaftselementen ist zu achten. Wälder und Forste sollen zu standortheimisch bestockten, gestuften und vielfältigen Beständen entwickelt werden, was auch der Klimaresilienz dieser Bestände zu Gute kommt. Die landschaftliche Konnektivität soll erhalten, verbessert oder wiederhergestellt werden. Urbane Ökosysteme sollen stärker an den Klimawandel angepasst werden, wobei Adaptionsstrategien wie die Erhaltung und Verbesserung der bioklimatisch wirksamen Frisch- und Kaltluftversorgung, der städtischen Durchgrünung inklusive des Grünflächenanteils sowie die Versickerungsfähigkeit von Oberflächenwasser im Vordergrund stehen.

6

6Zersiedelung

6

Eine Zersiedelung der Landschaft soll vermieden werden (vgl. LEP 3.3). Zur Zersiedelung trägt vor allem eine ungeordnete Bebauung bei, wenn sie aufgrund ihres Umfangs oder ihrer exponierten Lage wesensfremd ist und mit den öffentlichen Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der Freizeit und Erholung nicht im Einklang steht. Das BauGB nimmt eine Zersiedelung insbesondere im Hinblick auf sog. privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB) in gewissem Rahmen hin, betont aber auch insoweit das Gebot des Flächensparens und der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs in § 35 Abs. 5 Satz 1 BauGB (zur Privilegierung von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BauGB vgl. auch die Gemeinsame Bekanntmachung „Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe“ in der Fassung vom 07.07.2021 (GemBek).

7

7Anbindegebot

7

Neue Siedlungsflächen sind möglichst in Anbindung an geeignete Siedlungseinheiten auszuweisen (vgl. LEP 3.3) und gegen die freie oder weniger zersiedelte Landschaft klar abzugrenzen. Dabei handelt es sich um ein Ziel der Raumordnung, das zwingend zu beachten und nicht lediglich Teil der Abwägung ist. Die Ausnahmen hiervon, z. B. Logistikbetriebe oder für emittierende Betriebe, wozu auch die gewerbliche Tierhaltung zählen kann, sind im Ziel selbst genannt und damit abschließend. In Gemeinden mit mehreren Gemeindeteilen kommen dafür vor allem die Hauptsiedlungsgebiete in Frage, die nach Größe, Erschließung und Lage im Gemeindegebiet eine eigenständige bauliche Entwicklung tragen können und über Einrichtungen der örtlichen Grundversorgung verfügen. Die Ausnahmen wurden durch die Teilfortschreibung des LEP vom 16.05.2023 zu Nr. 3.3 Abs. 2 (Z) S. 2 überarbeitet. Die Ausnahmetatbestände für Gewerbe- oder Industriegebiete wurden in diesem Zuge aus dem LEP gestrichen. Für laufende Planungen, die von diesen Ausnahmen Gebrauch machen, sieht die Verordnung über das LEP eine Übergangsregelung vor.

8

8Splittersiedlungen

8

Splittersiedlungen und Weiler im Außenbereich sind in der Regel als Ansatzpunkte für eine weitere Siedlungsentwicklung ungeeignet. Es ist streng darauf zu achten, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, wenn im Einzelfall dennoch eine Überplanung erfolgt. Bei einzelnen (nichtlandwirtschaftlichen) Einrichtungen, die wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung im Außenbereich vorgesehen werden sollen, ist zu bedenken, dass sie – etwa aufgrund ihrer Erschließung – zum Ansatzpunkt einer unerwünschten baulichen Entwicklung werden können.

9

9Schutzwürdige und schützenswerte Landschaftsteile

9

Die Freihaltung schutzwürdiger und schützenswerter Landschaftsteile vor Bebauung oder Intensivnutzungen kann auch außerhalb von Schutzgebieten nach dem Naturschutzrecht geboten sein. Dies sind beispielsweise unzerschnittene, verkehrsarme Räume sowie Laub- und Mischwälder, offene bis halboffene Mager-, Trocken- und Feuchtstandorte, Gewässer-, Fluss-, Seeuferbereiche mit ihren Überschwemmungsgebieten und Moore, die ökologisch oder für das Landschaftsbild wertvoll oder der Allgemeinheit für Erholungszwecke dienen können (vgl. auch LEP 7.1.2 bis 7.1.6). Dies gilt ebenso für Flächen zum Aufbau des Biotopverbundes nach Art. 19 BayNatSchG, sofern diese nicht bereits nach anderen Vorschriften geschützt sind.

10
10

Gegenüber schützenswerten oder durch Verordnung geschützten Flächen und einzelnen Bestandteilen der Natur sollen zur Gestaltung des Landschaftsbildes sowie zur Vermeidung von Landschaftsschäden und Beeinträchtigungen des Naturschutz- oder auch Erholungswerts ausreichende Abstände eingehalten werden.

Außer den vorgenannten Landschaftsteilen sollen auch solche Flächen von Bebauung und behinderndem Bewuchs freigehalten oder in ihrer Bebaubarkeit beschränkt werden, die den Blick auf charakteristische Orts- und Landschaftsbilder von markanten Punkten aus gestatten oder deren Bebauung besonders schützenswerte Landschaftsteile in ihrem Erscheinungsbild beeinträchtigen würden.

11
11

Natürliche Grenzen, wie z. B. Wasserläufe, Vegetationsgrenzen, Waldränder, Saum- und Übergangsbereiche sowie Geländekanten und auffällige Geländemorphologien, sollen durch die bauliche Entwicklung nicht ohne zwingenden Grund überschritten bzw. beansprucht werden. Außerdem sind auch künstliche Grenzlinien wie z. B. Straßen, Bahnlinien oder Kanäle zu beachten, wenn sie die Landschaft oder das städtebauliche Gefüge gliedern.

12

12Ortsränder

12

Ortsränder sollen dem Verlauf der natürlichen, durch Topographie, Vegetation oder Landbewirtschaftung geprägten Gliederung der Landschaft entsprechen. Sie dürfen nicht allein durch Gebiets- oder Eigentumsgrenzen bestimmt sein, da diese der landschaftlichen Gliederung nicht immer Rechnung tragen. Die Ortsränder sollen eindeutig begrenzt und ablesbar sein und in der Regel mit standortheimischen Bäumen und Sträuchern begrünt werden. Gewachsene Ortsränder sollten nach Möglichkeit erhalten werden. Ortserweiterungen setzen eine sorgfältige Analyse der Topographie und der Siedlungsstruktur voraus. Hinweise zum Umgang mit Ortsrändern enthält das Arbeitsblatt für die Bauleitplanung Nr. 12.

13
13

In landwirtschaftlich geprägten Gemeinden oder Ortsteilen kann es zur langfristigen Sicherung der landwirtschaftlichen Nutzung im Siedlungsbereich wünschenswert sein, unmittelbar angrenzendes Grünland (sog. Hofweiden) von Bebauung freizuhalten (s. a. Kapitel 3.10.14 ff. Immissionsschutz und Landwirtschaft und Kapitel 4.4.1.9 Dorfgebiete) und an landwirtschaftliche Hofstellen mit Tierhaltung keine heranrückende Wohnbebauung zuzulassen. Ebenso ist die Freihaltung von Flächen an den gewachsenen Ortsrändern, die oft von Obstgärten bestanden sind, für die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes wichtig.

14

14Ortseinfahrten

14

Besondere Sorgfalt ist den Ortseinfahrten zu widmen. Sie werden zuweilen durch ausgedehnte Gewerbegebiete oder unmaßstäbliche und mangelhaft gestaltete gewerbliche Einrichtungen wie z. B. Lagerhallen, Reparaturbetriebe oder Tankstellen sowie großflächige Einzelhandelsbetriebe mit Parkierungsanlagen beeinträchtigt (s. a. Kapitel 3.4 . 8 Einfügen von Gewerbe und Industrie in das Orts- und Landschaftsbild und 3.4 . 9 Gestaltung, Grünordnung). Die gestalterische Einfügung derartiger Nutzungen sollte durch situationsgerechte Anordnung und Höhenentwicklung der Bebauung sowie durch Bepflanzung verbessert bzw. landschaftsbildverträglich gestaltet werden.

15

15Eingriffe in Natur und Landschaft

15

Eingriffe in Natur und Landschaft sind entsprechend der Eingriffsregelung nach dem BNatSchG Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können (§ 14 Abs. 1 BNatSchG). Vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher zu unterlassen, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch geeignete Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen (§ 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BNatSchG). Entsprechend Art. 8 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BayNatSchG wurde in Bayern die Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft (Bayerische Kompensationsverordnung – BayKompV) erlassen, die insbesondere Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen regelt. Die Eingriffsregelung nach dem BNatSchG und deren Ausgestaltung durch die BayKompV gelten jedoch nur für Eingriffe, die nicht in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB, nicht im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB – und damit regelmäßig im Außenbereich – liegen und nicht während der Planaufstellung nach § 33 BauGB durchgeführt werden (§ 18 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BNatSchG. i. V. m. § 1 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BayKompV).

16
16

Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans sind die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft in der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen (§ 1a Abs. 3 S. 1 BauGB); sie sind Gegenstand der Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB). Die Bewältigung der Eingriffsfolgen richtet sich nach dem BauGB (§ 18 Abs. 1 BNatSchG), das einen eigenen, umfassenden Ausgleichsbegriff verwendet. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen im Flächennutzungsplan und Festsetzungen im Bebauungsplan, die nach § 200a BauGB auch Ersatzmaßnahmen umfassen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 BauGB oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich getroffen werden (§ 1a Abs. 3 S. 4 BauGB). Ausführungen zur Erforderlichkeit einer dinglichen Sicherung finden sich unter Ziffer 5.3 im Leitfaden „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft - Eingriffsregelung in der Bauleitplanung“. Für die Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gilt gemäß § 1a Abs. 3 S. 5 BauGB die Regelung des § 15 Abs. 3 BNatSchG entsprechend. Demnach ist dabei im Wesentlichen auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, d. h. landwirtschaftlich besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. In Kapitel 2.3.2.7 Besonderer Artenschutz werden die Rückwirkungen der ordnungsgemäßen Behandlung der Eingriffsregelung auf den Besonderen Artenschutz behandelt. Es ist empfehlenswert, die von möglichen Ausgleichsmaßnahmen betroffenen Behörden, wie beispielsweise des Naturschutzes oder der Landwirtschaft, bereits vor ihrer formellen Beteiligung in die Planung einzubeziehen, um die von ihnen vertretenen Belange in einem frühen Planungsstadium berücksichtigen und möglichst in einen angemessenen Ausgleich bringen zu können.

17

17Leitfaden „Eingriffsregelung in der Bauleitplanung”

17

Bei der Anwendung der Eingriffsregelung muss sich die Gemeinde vor allem mit Fragen der Bewertung von Natur und Landschaft auseinandersetzen. Eine Hilfestellung bietet der vom Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr entwickelte Leitfaden „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft - Eingriffsregelung in der Bauleitplanung“.

Die Fortschreibung des Leitfadens wurde 2023 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus sowie im Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet. Der Leitfaden wendet sich an die Gemeinden, die Planerinnen und Planer, die Naturschutzbehörden und Bauaufsichtsbehörden und nicht zuletzt an die Bauherren. Er dient als Orientierungshilfe für eine fachlich und rechtlich abgesicherte, aber auch zügige Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung.

Mit der Fortschreibung des Leitfadens "Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft" wurden Bewertungselemente der BayKompV für die baurechtliche Eingriffsregelung nutzbar gemacht und integriert. Diese wurden in den Leitfaden integriert, ohne die bisherige Struktur grundsätzlich zu verändern. An die Stelle der bisherigen reinen Flächenbetrachtung in Quadratmetern tritt eine Wertbetrachtung des naturräumlichen Bestandes in Wertpunkten analog zur BayKompV. So kann der Ausgleich in der Bauleitplanung in ein einheitliches Ökokontosystem mit der Kompensation nach der BayKompV eingebracht werden. Zudem sollen Biotopverbundsysteme und zusammenhängende naturschutzfachlich bedeutende Lebensräume verstärkt in die Bewertung der Ausgleichsflächen mit einbezogen sowie die in die land- oder forstwirtschaftliche Produktion integrierten Bewirtschaftungsmaßnahmen und Ökokontoflächen stärker berücksichtigt werden. Die Konzeption des Leitfadens beinhaltet darüber hinaus eine Reihe von neuen Werkzeugen, die im besonderen Maße die Gegebenheiten des Einzelfalles aufgreifen und dadurch eine individualisierte Ausgleichsflächenbetrachtung zulassen. Daneben stellt der Leitfaden für typische Planungsfälle auch eine vereinfachte Vorgehensweise dar. Diese Bewertungshilfen enthalten zudem rechtliche Hinweise, etwa zur Auswahl des Ausgleichsortes, ob auf dem Baugrundstück, im sonstigen Geltungsbereich des Eingriffsbebauungsplans, außerhalb dessen im Gemeindegebiet oder durch Abbuchung von Wertpunkten aus einem (inter-)kommunalen Ökokonto. Sie geben außerdem Hinweise zur Abwägung und zur Umsetzung der Abwägungsergebnisse (etwa durch Darstellungen und Festlegungen auf von der Gemeinde bereitgestellten Grundstücken oder durch einen städtebaulichen Vertrag) sowie zur Erstattung der Ausgleichskosten durch die Gemeinde. Der Leitfaden wird mit den genannten Bewertungsverfahren den Gemeinden zur Anwendung empfohlen.

Es steht den Gemeinden aber frei, auch andere sachgerechte und nachvollziehbare Methoden anzuwenden, da kein gesetzlich vorgeschriebenes Bewertungsverfahren besteht. Für eine fachlich und rechtlich abgesicherte, aber auch zügige Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung wird den Gemeinden empfohlen, sich auf ein bestimmtes Bewertungsverfahren fest­zulegen.

18

18Ökokonto

18

Die Regelungen des § 1a Abs. 3 BauGB und des § 135a Abs. 2 BauGB erleichtern den Gemeinden die vorausschauende Bereitstellung von Ausgleichsflächen und die vorgezogene Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen (Ökokonto), da die Kompensation in zeitlicher und auch räumlicher Hinsicht auf rechtssicherer Grundlage von dem Eingriff abgekoppelt werden kann. Hilfestellung bei Fragen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Flächen und Maßnahmen in ein Ökokonto geben die Vollzugshinweise des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen (vgl. Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen an die Gemeinden vom 19. 11. 1998):

  • Flächen bzw. Maßnahmen können in ein Ökokonto eingebracht werden, wenn sie frühzeitig verfügbar und aufwertungsfähig sind, bisher noch nicht zur Kompensation von Eingriffen in Anspruch genommen wurden, auf ihnen weder Eingriffe geplant noch absehbar sind und nicht bereits vor der Verkündung des BauROG (18. 08. 1997) durchgeführt wurden.
  • Flächen für ein Ökokonto sollen bereits vor Beginn der Maßnahme in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde als potenzielle Flächen für Kompensationsmaßnahmen festgelegt werden. Dabei kann auf vorhandene Unterlagen, wie einen aktuellen Landschaftsplan, die Biotopkartierung sowie das Arten- und Biotopschutzprogramm zurückgegriffen werden.
  • Für die Kennzeichnung der Flächen bietet sich die Darstellung im Landschafts- bzw. Flächennutzungsplan an. Sind auf der Ebene des Flächennutzungsplans die zu erwartenden Eingriffe bereits konkret absehbar und möchte die Gemeinde diese Flächen zusätzlich planerisch absichern, so kann sie dies mit einem aus dem Flächennutzungsplan entwickelten selbstständigen Ausgleichsbebauungsplan oder einem selbstständigen Grünordnungsplan nach Art. 4 Abs. 3 BayNatSchG erreichen.
  • Mit der Flächenbereitstellung sowie der Durchführung von Kom­pen­sationsmaßnahmen werden „Einzahlungen“ auf das Ökokonto geleistet. Die vorgezogen durchgeführten Kompensationsmaßnahmen können bis zur „Abbuchung“ ökologisch verzinst werden. Eine „Abbuchung“ erfolgt, indem die Gemeinde im Rahmen der Abwägung den zu erwartenden Eingriffen die gebotenen Kompensationsmaßnahmen zurechnen, die mit Inkrafttreten des Bebauungsplans dann anderweitig nicht mehr zur Verfügung stehen. Nicht im Eigentum der Gemeinde stehende Flächen sind durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu sichern.

Weitergehende Hinweise enthalten die vom Bayerischen Gemeindetag und Bayerischen Städtetag herausgegebenen „Handlungsempfehlungen für ein Ökokonto“ vom April 2000.

19

19Ökoflächenkataster

19

Die für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festgesetzten Flächen ­werden im Bayerischen Ökoflächenkataster erfasst (Art. 9 BayNatSchG). Die nach § 17 Abs. 1 BNatSchG zuständige Behörde meldet die Daten dem ­Bayerischen Landesamt für Umwelt. In den Fällen des § 16 Abs. 1 BNatSchG erfolgt die Datenübermittlung durch die untere Naturschutzbehörde (Art. 9 S. 3 BayNatSchG). Die Verpflichtung zur Übermittlung der Daten betrifft unmittelbar auch Gemeinden, wenn sie Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinn des § 1a Abs. 3 BauGB in einem gesonderten Bebauungsplan festsetzen oder Maßnahmen auf von ihr bereitgestellten Grundstücken durchgeführt werden (Art. 9 S. 4 BayNatSchG). Die Gemeinden melden die Angaben an die Online-Datenbank ÖFK 2020 über den Kartendienst FIN-Web. Weitere Informationen zur Dateneingabe, Kennungsvergabe und zu Eingabe-Hilfen können über die Internetseite des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) unter www.lfu.bayern.de/natur/oefka_oeko/oefk_2020 aufgerufen werden. Zudem stehen Informationen bereit, welche Flächen zu melden sind: www.lfu.bayern.de/natur/oefka_oeko/flaechenmeldung/ausgleich_ersatz

20

20Natura 2000-Gebiete: Fauna-Flora-Habitat (FFH) und Vogelschutzrichtlinie

20

§ 1 Abs. 6 Nr. 7b BauGB sieht eine Berücksichtigung der Erhaltungsziele und des Schutzzwecks der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete (Natura 2000-Gebiete) im Sinne des BNatSchG vor.

Unberührt bleibt davon die Notwendigkeit der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung gemäß § 1a Abs. 4 BauGB, § 36 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 BNatSchG, soweit ein Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 7b BauGB in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen infolge der Verwirklichung des Bauleitplans erheblich beeinträchtigt werden kann. Kann eine erhebliche Beeinträchtigung auch nach Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht ausgeschlossen werden, darf die Gemeinde den Plan nur aufstellen, wenn er aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist und zumutbare Alternativen nicht gegeben sind (§ 34 Abs. 3 BNatSchG). Zu den Gründen des öffentlichen Interesses zählen auch solche sozialer oder wirtschaftlicher Art. Dazu zählt insbesondere das Interesse an der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien (§ 2 EEG 2023, Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG). Können von dem Projekt bzw. Plan in einem Gebiet prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts bzw. des Plans auf die Umwelt geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 4 S. 1 BNatSchG). Für die Berücksichtigung sonstiger Gründe bedarf es der Beteiligung, d. h. der Einholung einer (nicht bindenden) Stellungnahme, der Kommission. Kommt es zu einer Abweichungszulassung, müssen die zur Sicherung des Netzes Natura 2000 erforderlichen Maßnahmen (Kohärenzsicherungsmaßnahmen) festgesetzt und die Europäische Kommission über diese Maßnahmen unterrichtet werden (§ 34 Abs. 5 S. 1 BNatSchG). Die EU-Kommission macht die FFH- Gebiete im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt. In der Bayerischen Natura 2000-Verordnung (Bay Nat2000V) über die Natura 2000-Gebiete werden die standardisierten Erhaltungsziele und die Gebietsabgrenzungen der bayerischen FFH- und europäischen Vogelschutzgebiete rechtsverbindlich festgelegt. Weitere Konkretisierungen zu den standardisierten Erhaltungszielen enthält als behördenverbindliche Grundlage für den Verwaltungsvollzug die Bekanntmachung über die Vollzugshinweise zur gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der bayerischen Natura 2000-Gebiete vom 29. 02. 2016. Ergänzend wird auf die Gemeinsame Bekanntmachung über den Schutz des Europäischen Netzes „Natura 2000“ vom 04. 08. 2000 hingewiesen. Wie auch bei Schutzgebietsverordnungen (z. B. Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet) kann es im Rahmen der Bauleitplanung in Natura 2000-Gebieten zur Normenkollision mit dem Bebauungsplan kommen. Ein Bebauungsplan ist regelmäßig nichtig, soweit er den Regelungen der Schutzgebietsverordnung oder Erhaltungszielen des betreffenden Natura 2000-Gebiets widerspricht (vgl. Kapitel 3.2.3 Abwägung umweltbezogener Fachplanungen).

Der Gewährleistung günstiger Erhaltungszustände für die Schutzgüter von gemeinschaftlichem Interesse nach der FFH-Richtlinie sowie der europäischen Vogelarten entsprechend der europäischen Vogelschutz-Richtlinie kommt auch außerhalb des Schutzgebietssystems Natura 2000 eine besondere Bedeutung zu. Neben dem strengen Artenschutz bestehen vielfach Erhaltungs- und Wiederherstellungserfordernisse für die relevanten Schutzgüter mit ihren Habitaten, Standorten, Populationen und Vernetzungsachsen.

21

21Artenschutz

21

Die Verbote zum Schutz besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten stellen auf Tathandlungen ab und werden daher durch die Bauleitplanung nicht unmittelbar berührt. Sie können aber als nicht ausräumbare Vollzugshindernisse der Erforderlichkeit der Bauleitplanung entgegenstehen (s. a. Kapitel 2.3.2.1 ff. Biodiversität, Naturschutz, Landschaftspflege und Kapitel 2.3.2.7 ff. Besonderer Artenschutz). Seit der BayBO Novelle 1994, mit der der beschränkte Prüfungsumfang eingeführt wurde, ist das Artenschutzrecht nicht mehr Prüfungsgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens. Es wird daher nicht mehr ex ante vor der Baugenehmigungserteilung geprüft. Der Bauherr hat seitdem in eigener Verantwortung dafür zu sorgen, dass auch die Vorschriften des Artenschutzrechts eingehalten werden. Nähere Hinweise zur Berücksichtigung des Artenschutzes bei der Vorhabenzulassung sind der Internet-Arbeitshilfe des Bayerischen Landesamtes für Umwelt unter www.lfu.bayern.de/natur/sap zu entnehmen.

22

22Klima im Siedlungsbereich

22

Um ein angenehmes Klima im Siedlungsbereich zu erhalten, die Aufheizung der Luft zu vermindern und Luftverunreinigungen abzubauen, muss ein möglichst ungehinderter Luftaustausch mit der freien Landschaft gewährleistet sein. Besondere Bedeutung für die Frischluftzufuhr in den Siedlungsbereichen kommt hierbei der Kaltluft zu. Kaltluft entsteht über Wiesen (bei Nacht) und Wäldern (bei Tag) und fließt zu den tieferen Stellen des Geländes. Hindernisse wie z. B. ungünstig angeordnete Gebäude führen zum Kaltluftstau und mindern den Luftaustausch. Täler und Hangeinschnitte, die den Kaltluftstrom in den Siedlungsbereich lenken, sollten daher von Hindernissen wie z. B. größeren Baukörpern quer zur Strömungsrichtung freigehalten werden (vgl. LEP 7.1.4 mit 2.2.7 und 3.3) und können als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Anpassung an den Klimawandel oder Regionale Grünzüge festgelegt sein (LEP 1.3.2). An den bewaldeten Hängen ist ein ausreichend großer Abstand zwischen Bebauung und Waldrand vorzusehen, um den Kaltluftabfluss zu erleichtern. Die Bebauung sollte in diesen Fällen die Baumhöhe nicht überschreiten und durch Lüftungsschneisen in der Falllinie aufgelockert werden.

Für die Verbesserung des Mikroklimas sowie die Sicherung und Weiterentwicklung der Biodiversität im Siedlungsgefüge kann, neben einer grünen Infrastruktur in öffentlichen Freiräumen (Grünanlagen, Parks, Friedhöfe, etc.), auch die Begrünung von baulichen Strukturen und die Gestaltung von privaten Freiräumen einen erheblichen Beitrag leisten (s. a. Kapitel 3.13 .10 f. Begrünung baulicher Anlagen).

23

23Landschaftliche Gegebenheiten, Topographie

23

Auch außerhalb des Siedlungsbereichs sind die landschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen und möglichst erlebbar zu machen. Charakteristische landschaftliche Elemente wie z. B. Bachläufe, Mulden, Terrassen oder Moränenhügel sollten erhalten werden und in der Lage sein, auch weiterhin ihre Funktionen im Naturhaushalt erfüllen zu können. Im Siedlungsbereich können sie als gliedernde Elemente ausgebildet werden. Straßenführung und Stellung der Baukörper sollen auf den natürlichen Geländeverlauf Rücksicht nehmen. Dadurch können störende Abgrabungen, Aufschüttungen, Stützmauern oder aufwändige Leitungsführungen vermieden werden.

24
24

Stärkere Hanglagen sollen, soweit sie überhaupt für eine Bebauung in Betracht kommen, möglichst parallel zu den Höhenlinien erschlossen werden. Bei dieser Lösung, die auch erschließungstechnisch günstiger ist, treten die Straßenflächen im Orts- und Landschaftsbild weniger störend in Erscheinung. Negative Auswirkungen infolge einer Kulissenwirkung gegenüber historischen Ortsbildern oder Einzelbauten und gegenüber der Hangkrone sind möglichst zu vermeiden.

25

25Bodenschutz, Altlasten

25

Die Anforderungen des Bodenschutzrechts zur Gefahrenabwehr und zur Vorsorge richten sich nicht unmittelbar an die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung. Jedoch sollen bei der Bauleitplanung erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastete Böden sowohl im Flächennutzungs- als auch im Bebauungsplan gekennzeichnet werden (§ 5 Abs. 3 Nr. 3, § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB). Dies schließt insbesondere auch die Darstellung der Belastung von Böden mit naturbedingt erhöhten Stoffgehalten ein. Weiterhin ist nach § 4 Abs. 4 BBodSchG bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten zur Gefahrenabwehr das konkrete Schutzbedürfnis maßgeblich, das sich aus der jeweils planungsrechtlich zulässigen Nutzung und damit auch aus den Festsetzungen eines Bebauungsplanes ergibt (vgl. die gebietsbezogene Differenzierung nach Anlage 2 Tabelle 4 der BBodSchV). Dies kann die Gemeinde in der Bauleitplanung nicht unberücksichtigt lassen. Ein demgegenüber weiter Spielraum steht der Gemeinde in ihrer Abwägung bei der Frage zu, inwieweit sie über die fachlichen Anforderungen der BBodschV noch hinausgehend strengere Anforderungen zugrunde legen möchte. Eine solche Vorsorgeplanung ist im Rahmen des Gebots der gerechten Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB möglich.

26

26Ressourcenschutz, Abfallvermeidung

26

Möglichkeiten zur Minimierung von anfallendem Bodenmaterial sollen in den Abwägungsprozess nach § 1 Abs. 7 BauGB einbezogen werden. Dies dient dem Schutz der Ressource Boden und einer Minimierung von gegebenenfalls zu entsorgendem Bodenaushub.